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Zur Lage in der Kri­se


Text: Moni­ka Wogrol­ly; Foto: Chris­ti­an Schmidt
Living Cul­tu­re such­te Rechts­an­walt Dr. Harald Christandl in des­sen Kanz­lei in Graz auf. Der Jurist skiz­zier­te aus recht­li­cher Sicht die Kri­se und deren Fol­gen.

Wie wirkt sich die COVID-19 Pan­de­mie auf Ihre Rechts­an­walts­kanz­lei aus?
Durch die anlass­be­zo­ge­nen Ver­ord­nun­gen der zustän­di­gen Minis­te­ri­en kommt es zu mas­si­ven Ein­grif­fen in per­sön­li­che Grund- und Frei­heits­rech­te. Dadurch ergab sich in mei­ner Kanz­lei ein erhöh­ter Bera­tungs­be­darf, da einer­seits eine gene­rel­le Ver­un­si­che­rung über vie­le neue Maß­nah­men herrscht und ander­seits durch Aus­gangs- und Betriebs­sper­ren vie­le Man­dan­ten auch unmit­tel­bar wirt­schaft­lich betrof­fen waren und sind.

Was ist das Epi­de­mie­ge­setz? Was ist das COVID-19-Maß­nah­men­ge­setz? Was unter­schei­det die bei­den Geset­ze?
Auf­grund der COVID-19-Pan­de­mie kam es mit Mit­te März 2020 zu Ein­schrän­kun­gen sowohl nach dem Epi­de­mie­ge­setz als auch nach dem COVID-19-Maß­nah­men­ge­setz. Infol­ge sei ein kur­zer Über­blick über die zur­zeit wohl meist dis­ku­tier­ten Geset­ze gebo­ten: Das Epi­de­mie­ge­setz stammt aus dem Jah­re 1950 und ermög­licht den Behör­den Ein­schrän­kun­gen bei Vor­lie­gen einer „beson­de­ren Gefahr“ wie eben im Fal­le einer Pan­de­mie. Der durch die­se, von Bezirks­ver­wal­tungs­be­hör­den erteil­ten, Ein­schrän­kun­gen ent­stan­de­ne Ver­mö­gens­nach­teil führt nach die­sem Gesetz zu indi­vi­du­el­len Ver­gü­tun­gen für den objek­ti­vier­ten Ver­dienst­ent­gang eines Unter­neh­mens, wel­cher durch die Behin­de­rung des Betrie­bes aus dem Epi­de­mie­ge­setz ent­stan­den ist. Mit 16.03.2020 trat das neu geschaf­fe­ne COVID-19-Maß­nah­men­ge­setz in Kraft, wel­ches wesent­li­che Bestim­mun­gen des Epi­de­mie­ge­set­zes  abän­dert.  Damit kann das Betre­ten von Betriebs­stät­ten, Arbeits­or­ten, bestimm­ten Orten und öffent­li­chen Orten und Benut­zen von Ver­kehrs­mit­teln zur Ver­hin­de­rung der Ver­brei­tung von COVID-19 gere­gelt wer­den. Die­ses Gesetz bil­det die recht­li­che Grund­la­ge auf deren Basis eine Viel­zahl an Ver­ord­nun­gen kund­ge­macht wur­de (zum Bei­spiel das Ver­bot des Betre­tens von Betriebs­stät­ten, Frei­zeit-und Sport­be­trie­ben sowie Gast­stät­ten, usw.). Dies mit eini­gen Aus­nah­men und wie auch bekannt mit spä­ter fol­gen­den Locke­run­gen. Für alle die­se Ein­schrän­kun­gen aus dem COVID-19-Maß­nah­men­ge­setz gibt es, im Gegen­satz zum Epi­de­mie­ge­setz, kei­nen für die betrof­fe­nen Unter­neh­men indi­vi­du­el­len Ver­dienst­ent­gang-Ersatz.  Dafür hat die Bun­des­re­gie­rung all­ge­mei­ne Unter­stüt­zungs­maß­nah­men vor­ge­se­hen (z. B. Här­te­fonds­re­ge­lun­gen usw.), deren Umset­zung in der Pra­xis zu umfang­rei­chen recht­li­chen Pro­ble­men geführt hat.

Für wel­che Rechts­be­rei­che bestand beson­de­rer Bera­tungs­be­darf?
Die aktu­el­le COVID-19 Situa­ti­on hat auf alle Berei­che unse­rer Gesell­schaft Ein­fluss genom­men, wodurch sich erheb­li­che Unsi­cher­hei­ten und  unter­schied­lichs­te Rechts­fra­gen erga­ben. Die Kli­en­ten woll­ten wis­sen, wie sie bei abge­sag­ten Rei­sen ihre geleis­te­ten Zah­lun­gen von wem und wann zurück­er­hal­ten, ob ver­häng­te Ver­wal­tungs­stra­fen wie  z. B.  bei Über­schrei­tung der Sperr­stun­de recht­mä­ßig sind. Aber es gab auch Fra­gen hin­sicht­lich Miet­ver­hält­nis­sen, Leis­tungs­stö­run­gen bei Werk­ver­trä­gen, Pro­ble­me mit Kre­dit­rück­zah­lun­gen und der­glei­chen.

Kön­nen Sie eini­ge Fäl­le näher aus­füh­ren?
Durch zahl­rei­che Ein­rei­se­be­schrän­kun­gen wur­den ab März 2020 Urlaubs­rei­sen sowie Flü­ge größ­ten­teils abge­sagt. Vie­le Rei­sen­de war­ten noch heu­te auf die Rück­erstat­tung von geleis­te­ten Anzah­lun­gen, wel­che von Ver­trags­part­nern oft rechts­grund­los zurück­be­hal­ten wer­den. Es ist für den Kun­den schwie­rig, bei Rei­sen die über Inter­net­por­ta­le gebucht wur­den Rück­erstat­tun­gen zu erwir­ken, da über Kun­den­hot­lines kein Durch­kom­men ist und auf E‑Mails oft­mals gar nicht reagiert wird. In die­sem Kon­text waren anwalt­li­che außer­ge­richt­li­che sowie gericht­li­che Inter­ven­tio­nen not­wen­dig um für Man­dan­ten ent­spre­chen­den Aus­gleich zu erwir­ken. Ich wur­de auch mit der Fra­ge kon­tak­tiert, wie sicher Geld­mit­tel bei Ban­ken sei­en. In die­sem Fall kann ich beru­hi­gen und aus­füh­ren, dass wir in Öster­reich grund­sätz­lich ein funk­ti­ons­taug­li­ches und siche­res Ban­ken­sys­tem haben. Sämt­li­che Gut­ha­ben auf ver­zins­ten oder unver­zins­ten Kon­ten bzw. Spar­bü­chern, wie z. B. Gehalts- und Pen­si­ons­kon­ten, sons­ti­ge Giro­kon­ten, Fest­gel­der, Kapi­tal­spar­bü­cher oder täg­lich fäl­li­ge Spar­bü­cher, sind pro Ein­la­ge bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 100.000,00 gesi­chert und erstat­tungs­fä­hig.  Dies wird in Öster­reich im Bun­des­ge­setz über die Ein­la­gen­si­che­rung und Anle­ger­ent­schä­di­gung bei Kre­dit­in­sti­tu­ten (ESAEG) gere­gelt. Auf­grund vor­ge­nom­me­ner miet­recht­li­cher Ände­run­gen wur­den von uns sowohl Mie­ter als auch Ver­mie­ter bera­ten. Der Gesetz­ge­ber hat im Fal­le des Miet­zins­zah­lungs­ver­zu­ges zwi­schen April und Juni 2020 ein Kün­di­gungs- und Klags­ver­bot instal­liert. Die­se Mie­ten kön­nen gestun­det wer­den und kön­nen bis 31.12.2020 bezahlt wer­den. Delo­gie­run­gen wer­den unter beson­de­ren Vor­aus­set­zun­gen aus­ge­setzt und aus­lau­fen­de Miet­ver­trä­ge kön­nen vor­erst ver­län­gert wer­den. Auf­klä­rungs­be­dürf­tig ist auch die Fra­ge, ob bei behörd­li­chen Betriebs­sper­ren trotz­dem für die Mie­ter Miet­zins­zah­lun­gen anfal­len (vor allem bei geschlos­se­nen Ein­kaufs­zen­tren). Vie­le Man­dan­ten wur­den mit behörd­li­chen Straf­ver­fü­gun­gen (bezüg­lich Abstands­re­gel, Betre­tungs­ver­bot, und der­glei­chen) kon­fron­tiert und haben um Hil­fe­stel­lung bei deren Prü­fung der Recht­mä­ßig­keit ersucht. Dabei ist es gelun­gen, eini­ge die­ser Ver­ur­tei­lun­gen erfolg­reich zu bekämp­fen. In die­sem Zusam­men­hang rate ich, sich die jewei­li­ge Ver­ord­nung, auf wel­che sich die jewei­li­ge Straf­ver­fü­gung beruft, genau anzu­se­hen. Viel­mals wur­de zu rigo­ros gestraft und die vie­len neu­en Bestim­mun­gen erlau­ben oft, auf­grund nicht ein­deu­ti­ger Defi­ni­tio­nen sowie feh­len­der höchst­ge­richt­li­cher Judi­ka­tur, unter­schied­li­che Aus­le­gun­gen. Die Pan­de­mie ist nicht nur für die betrof­fe­nen Staats­bür­ger, son­dern auch für Gesetz­ge­ber und Behör­den eine Her­aus­for­de­rung.

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