Zum Sterben zu schön — das Ballett der dunklen Traumwelt
Text: Lukas Wogrolly, Fotos: Marie-Laure Briane
Marina Schmied, Stephanie Carpio, Ann-Kathrin Adam, Paulio Sóvári, Renata Parisi, hinten: Ballett der Oper Graz
Philipp Imbach (Carl Maria von Weber), Fabio Agnello (Frédéric Chopin)
Isabel Edwards (Robert Schumann), Ballett der Oper Graz
Ballett der Oper Graz
Marina Schmied, Stephanie Carpio, Ann-Kathrin Adam, Paulio Sóvári, Renata Parisi, hinten: Ballett der Oper Graz
Philipp Imbach (Carl Maria von Weber)
Ballett der Oper Graz
„Zum Sterben zu schön“ ist die neueste Ballettproduktion der Oper Graz. Zu sehen ist sie noch bis Ende November in einer zirka einstündigen Perfomance auf der Studiobühne. Gekennzeichnet ist diese Neuproduktion des norwegischen Choreografen Jo Strømgren durch die Verschmelzung, das Verschwimmen von Vergangenheit und Zukunft. Man steigt hinab, hinunter in den finsteren Keller der Studiobühne; auf eine ebenso finstere „Bühne“ blickt man, die sich auf einer Ebene mit der ersten Zuschauerreihe befindet. Wie so oft, zuletzt auch bei einer Produktion in Zusammenarbeit mit der Kunst Uni Graz (KUG) im Mai/Juni, ist alles komplett finster und bleibt es auch. Aus dem Off meldet sich eine Erzählerstimme mit Akzent, für den er sich entschuldigt. Dieser Er, den man nie zu Gesicht bekommt, meint, das Stück spiele im Jahr 2048, wenn Deutsch ohnehin keine große Rolle mehr spielen würde. Und dann treten sie auf, die großartigen BalletttänzerInnen der Oper Graz, fast alle mit internationalen Namen, einige sprechen auch Bundesdeutsch. Österreichisches Deutsch vermisse ich auf der Bühne an diesem Abend, aber das spielt keine Rolle. Sie reden immer wieder wild durcheinander in unterschiedlichen Sprachen, nehmen je nach Erzählung wilde, fliegende Rollenwechsel vor und rennen „wie wild umadum“, wie man auf gut Österreichisch so sagen würde. Ein bisschen muss man sich wie bei „War Requiem“ einlullen lassen von dieser einzigartigen Atmosphäre, den wild umherhuschenden TänzerInnen, der Stimme aus dem Off und von den vielen unorthodoxen Objekten, wie vor allem die Schutzmasken ganz zu Beginn. Hin und wieder gibt es auch klassische Balletteinlagen. Und dann war sie da noch, die Symbiose von Vergangenheit und Zukunft. Das Stück spielt zwar angeblich im Jahr 2048, also in der Zukunft. Aber es treten als lebendige, sprechende Figuren einige Komponisten der Vergangenheit auf, wie zum Beispiel Franz Schubert, Carl Maria von Weber oder Bedřich Smetana. Dank dem Erzähler weiß man, um wen es sich jeweils handelt, da auf der Bühne ausschließlich einheitlich gekleidete BalletttänzerInnen agieren. Passend dazu gibt es als Untermalung aus dem Off neben der Erzählerstimme eingespielte Musikkompositionen, wobei die Korrespondenz Musikstück : Bühnenperformer nicht 1:1 ist. Also es werden sowohl Stücke gespielt von 1 Komponisten der nicht auf der Bühne auftritt als auch umgekehrt, also 1 Komponist tritt auf der Bühne, nicht aber musikalisch auf. Die Mehrheit der Komponisten ist jedoch sowohl musikalisch als auch als Figur auf der Bühne vorhanden. Diese Komponisten erwachen also zum Leben und sind, sozusagen, auch im Jahr 2048 immer noch „Zum Sterben zu schön“. Ähnlich wie in „War Requiem“ tragen sie mit bei zur Schaffung einer nahezu surrealen, etwas beklemmenden Atmosphäre, deren Sinn wie auch Interpretation sich mir zum Großteil verschließt. Aber vielleicht soll dieses Stück ohnehin keine eindeutige Deutung bieten, sondern vielmehr einen bleibenden Eindruck hinterlassen in allen Zuschauenden und Zuhörenden. Denn vielleicht reicht es ja aus, zu verstehen, wie bereits anfangs geschrieben, dass dieses Stück vor allem eines ist: Eine Verschmelzung von Vergangenheit und Zukunft.
Zum Sterben zu schön
Ballett von Jo Strømgren zu Musik von Franz Schubert, Robert Schumann, Frédéric Chopin und anderen
Empfohlen ab 12 Jahren.
Ein erhebender Abend, ein Stück über den Tod im romantischen Zeitalter. Denn Sterben und Tod hatten damals noch eine andere Bedeutung, allerdings mit gleicher finaler Wirkung. Ein Abend mit schönen Klängen und noch schönerer Musik, auch wenn diese meistens in Moll erklingen wird. Ein Abend, der sich mit vielfältigsten tänzerischen Elementen vor großen musikalischen Meistern verneigt: Ihr Leben, ihr Genie, ihr Sterben und doch ihre Lebendigkeit durch ihre Kunst sind Aspekte von „Zum Sterben zu schön“.
„Zum Sterben zu schön“ wird noch nachwirken, auch wenn der letzte Ton schon verklungen ist. Jo Strømgren beschäftigt sich tänzerisch mit den möglichen künstlerischen Effekten von Krankheiten im romantischen Zeitalter, ob schmerzhafte Schreie oder liebreizende Akkorde, alles begleitet den Tod und das Sterben, das ein Teil der Kunst war und ist. Und eben auch ein Teil des Lebens, ob wir wollen oder nicht.
Besetzung
Choreographie Jo Strømgren
Bühne Jo Strømgren
Kostüme Bregje van Balen
Licht Martin Schwarz
Dramaturgie Bernd Krispin
Franz Schubert Stephanie Carpio
Frédéric Chopin Fabio Agnello
Carl Maria von Weber Philipp Imbach
Robert Schumann Isabel Edwards
Bedrich Smetana Giulio Panzi
In weiteren Rollen
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Vorstellungen
Di 18. Okt 2022
Vorstellung
20:00 bis ca. 21:00, Studiobühne
€ 25
BESETZUNG
Jo Strømgren/Stephanie Carpio/Fabio Agnello/Philipp Imbach/Isabel Edwards/Giulio Panzi/Brandon Carpio/Mireia Gonzalez Fernandez/Renata Parisi/Michele Tirapelle/Rosa Maria Pace/Kirsty Clarke/Ann-Kathrin Adam/Paulio Sóvári/Christoph Schaller/Lorenzo Galdeman/Lucie Horná/Marina Schmied/Frederico Oliveira
Do 20. Okt 2022
Fr 28. Okt 2022
So 30. Okt 2022
Do 3. Nov 2022
Sa 5. Nov 2022
Do 17. Nov 2022
Sa 19. Nov 2022
Paulio Sóvári, Marina Schmied, Renata Parisi, Stephanie Carpio, Ballett der Oper Graz
Rosa Maria Pace, Giulio Panzi (Bedřich Smetana), Marina Schmied
Philipp Imbach (Carl Maria von Weber)
Rosa Maria Pace, Giulio Panzi (Bedřich Smetana), Marina Schmied
Isabel Edwards (Robert Schumann), Ballett der Oper Graz
Marina Schmied, Stephanie Carpio, Ann-Kathrin Adam, Paulio Sóvári, Renata Parisi, hinten: Ballett der Oper Graz
Philipp Imbach (Carl Maria von Weber), Fabio Agnello (Frédéric Chopin)
Vorne: Marina Schmied, Mireia Gonzalez Fernandez, Giulio Panzi, Lorenzo Galdeman, Renata Parisi, Fabio Agnello (Frédéric Chopin), hinten: Ballett der Oper Graz
Stephanie Carpio (Franz Schubert), Lucie Horná
Vorne: Rosa Maria Pace, Lucie Horná, hinten: Ballett der Oper Graz
Vorne: Lucie Horná, Stephanie Carpio (Franz Schubert), hinten: Ballett der Oper Graz
Stephanie Carpio (Franz Schubert), Ballett der Oper Graz