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Ver­dopp­lung von Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund sexu­el­ler Ori­en­tie­rung und Geschlechts­iden­ti­tät


Text und Abbil­dung: Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark; Foto: Peter Drechs­ler
Die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark ver­öf­fent­licht die jüngs­ten Zah­len rund um Dis­kri­mi­nie­rung in der Stei­er­mark.

Im Fokus steht erst­mals ein neu­es The­ma: Sexu­el­le Dis­kri­mi­nie­rung vor allem von Trans­gen­der-Per­so­nen. Wei­ter­hin über­wie­gend in der Sta­tis­tik sind Dis­kri­mi­nie­run­gen auf­grund eth­ni­scher Her­kunft sowie Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit.

Es geht um jene Men­schen in unse­rer Gesell­schaft, die zwi­schen den Geschlech­tern leben. Im aktu­el­len Jah­res­be­richt der Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark ist vor allem ein Anstieg auf­fal­lend: Die Fäl­le von Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund sexu­el­ler Ori­en­tie­rung und Geschlechts­iden­ti­tät haben sich im Ver­gleichs­zeitrum zum Vor­jahr bei­na­he ver­dop­pelt. „Tat­säch­lich kam es in die­sem Bereich zu ver­mehr­ten Mel­dun­gen, vor allem was die Dis­kri­mi­nie­run­gen von Trans­gen­der-Per­so­nen betrifft“, sagt die Lei­te­rin der Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark, Danie­la Gra­bo­vac, anläss­lich der Prä­sen­ta­ti­on des Jah­res­be­richts 2019 am 21.10.2020 im Medi­en­zen­trum in Graz. „Die Fäl­le haben zudem eine bedenk­li­che Dimen­si­on erreicht – auch was die sexua­li­sier­te Gewalt in der Öffent­lich­keit betrifft. Und die Dun­kel­zif­fer ist ver­mut­lich um eini­ges höher.“

Berich­tet wird von büro­kra­ti­schen Hür­den für Trans­gen­der-Per­so­nen bei Auf­ent­hal­ten in Gesund­heits­ein­rich­tun­gen bis hin zu sexu­el­len Über­grif­fen und Gewalt im öffent­li­chen Raum. Mit einem Anteil von 6,11 Pro­zent aller im Berichts­jahr gemel­de­ten Fäl­le liegt der Dis­kri­mi­nie­rungs­grund „Sexu­el­le Aus­rich­tung“ zwar „nur“ im Mit­tel­feld, auf­grund der aktu­el­len Stei­ge­rung sieht Gra­bo­vac aber drin­gen­den Hand­lungs­be­darf. „Wir brau­chen als Gesell­schaft eine ande­re Denk- und Her­an­ge­hens­wei­se Men­schen in ihrer Ein­zig­ar­tig­keit und Viel­fäl­tig­keit zu ver­ste­hen und dies soll­te schon im Klei­nen begin­nen“, so Gra­bo­vac. Die soge­nann­te LGBTQ+ Com­mu­ni­ty wur­de in den ver­gan­ge­nen Jah­ren immer stär­ker in der Öffent­lich­keit wahr­ge­nom­men. Laut Gra­bo­vac sei dies vor allem der posi­ti­ven Arbeit der ein­zel­nen Orga­ni­sa­tio­nen zu ver­dan­ken. Coming-Outs bei Trans­gen­der-Per­so­nen haben aus die­sem Grund in jüngs­ter Zeit auch zuge­nom­men. Dazu kam die Bestä­ti­gung des Höchst­ge­richts zum Recht auf die Ein­tra­gung des drit­ten Geschlechts in Urkun­den. All das bewir­ke eine ver­mehr­te öffent­li­che Auf­merk­sam­keit, die ein­her­ge­hend mit Anfein­dun­gen und Dis­kri­mi­nie­run­gen ist. „Für die betrof­fe­nen Per­so­nen bedeu­tet das oft eine gro­ße psy­chi­sche Her­aus­for­de­rung. Hier ist eine umfas­sen­de Auf­klä­rungs­ar­beit not­wen­dig“, so Gra­bo­vac. Einen ers­ten (klei­nen) Teil dazu trägt der aktu­el­le Jah­res­be­richt der Stel­le bei, der sich im Rah­men eines Schwer­punkts mit dem The­ma Trans­gen­der aus­ein­an­der­setzt. Der stei­ri­sche Künst­ler Tom Loh­ner gestal­te­te pas­send dazu die Titel­sei­te des Berichts unter dem Titel „Be all you want to be“. Gra­bo­vac: „Genau dar­um geht es. Trans­gen­der-Per­so­nen sind Vor­bil­der für unse­re Gesell­schaft, weil sie sel­ber über ihre Iden­ti­tät ent­schei­den. Wir müs­sen den Men­schen Mut machen, zu sich selbst zu ste­hen und das zu sein, was sie sein wol­len. Das ist ein rie­si­ges Zukunfts­the­ma.“

Ins­ge­samt gin­gen im Berichts­jahr 2019 zusam­men­ge­rech­net 2538 Anfra­gen und Mel­dun­gen bei der Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark ein. Auch in die­sem Jahr ist es wie­der eine zwei­ge­teil­te Sta­tis­tik: Auf der einen Sei­te ste­hen 712 Anfra­gen, die im Jahr 2019 direkt an die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark gerich­tet wur­den. Ande­rer­seits gin­gen inner­halb die­ses Jah­res auch 1826 Mel­dun­gen über Ban­Ha­te ein, also über jene mobi­le App, mit der Hass­pos­tings platt­form­un­ab­hän­gig auf sozia­len Netz­wer­ken und ande­ren Medi­en gemel­det wer­den kön­nen. „Wir müs­sen die­se Zah­len getrennt von­ein­an­der bewer­ten. Die von uns im Jahr 2017 initi­ier­te Ban­Ha­te-App behan­delt Mel­dun­gen aus ganz Öster­reich und auch aus Deutsch­land. Wir wer­ten die­se Hass­pos­tings aus und lei­ten die­se dann an die zustän­di­gen Behör­den wei­ter“, erklärt Gra­bo­vac.

Es sind also die 712 regio­na­len und direkt an die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le gerich­te­ten Anfra­gen, die eine Ein­schät­zung zur Dis­kri­mi­nie­rung in der Stei­er­mark mög­lich machen. Ins­ge­samt inter­ve­nier­te die Stel­le in 540 Fäl­len. Die häu­figs­ten Dis­kri­mi­nie­rungs­grün­de sind wie schon im Vor­jahr die eth­ni­sche Her­kunft (37,96 Pro­zent), die Reli­gi­on (14,63 Pro­zent) sowie das Alter (10,37 Pro­zent) – gemein­sam machen sie mehr als 60 Pro­zent aller in der Stei­er­mark gemel­de­ten Dis­kri­mi­nie­run­gen aus. Tat­ort Num­mer  1 für Dis­kri­mi­nie­run­gen und Hass bleibt wei­ter­hin der öffent­li­che Raum sowie das Inter­net. Die Moni­to­ring-Funk­ti­on, wel­che die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le im Auf­trag des Lan­des Stei­er­mark sowie der Stadt Graz aus­übt, ist laut Gra­bo­vac wesent­lich, um wei­ter­hin wach zu blei­ben, was Dis­kri­mi­nie­run­gen und Unge­rech­tig­kei­ten in der Stei­er­mark betrifft. Gra­bo­vac: „Pola­ri­sie­run­gen, die die Gesell­schaft spal­ten, dür­fen wir nicht zulas­sen.“ Das Um und Auf ist nach wie vor die Sen­si­bi­li­sie­rung: „Erst wer erkennt, wie ver­let­zend Dis­kri­mi­nie­run­gen für Men­schen sein kön­nen, ver­steht, dass wir dage­gen ankämp­fen müs­sen.“

Down­load Jah­res­be­richt 2019: www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/link/jb2019

Lan­des­rä­tin Doris Kam­pus (Sozia­les, Arbeit und Inte­gra­ti­on): „Kräf­te, die die Gesell­schaft spal­ten wol­len, neh­men zu.“
Oft blei­ben Akte der Dis­kri­mi­nie­rung im Ver­bor­ge­nen – Scham spielt dabei eine gro­ße Rol­le. Das trifft gera­de dann zu, wenn die Dis­kri­mi­nie­rung mit dem Pri­vat­le­ben zu tun hat und/oder wenn das Motiv dafür in der sexu­el­len Ori­en­tie­rung des betrof­fe­nen Men­schen gese­hen wird. Des­halb begrü­ße ich es sehr, dass die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le ihren Jah­res­be­richt 2019 die­sem The­ma wid­met, das in der öffent­li­chen Dis­kus­si­on über Dis­kri­mi­nie­rung nicht jenen Stel­len­wert hat, den es haben soll­te. Der Jah­res­be­richt zeigt, dass gene­rell jene Kräf­te zuneh­men, die die Gesell­schaft spal­ten und Men­schen gegen­ein­an­der aus­spie­len wol­len. Alle, die ein öffent­li­ches Amt aus­üben und alle Men­schen guten Wil­lens sind auf­ge­ru­fen, drei Mal Nein zu sagen: Nein zu Ras­sis­mus, Nein zu Het­ze, Nein zu Dis­kri­mi­nie­rung.“

Stadt­rat Kurt Hohen­s­in­ner (Bil­dung, Sozia­les und Inte­gra­ti­on): „Anti­se­mi­tis­mus muss bekämpft wer­den“
„Die Arten der Dis­kri­mi­nie­rungs­fäl­le sind nicht nur viel­fäl­tig, son­dern wan­deln sich auch lau­fend. Neben bekann­ten Sze­na­ri­en wie Ras­sis­mus im All­tag oder Dis­kri­mi­nie­run­gen auf­grund des Geschlechts gewin­nen neue Her­aus­for­de­run­gen, vor allem in Zusam­men­hang mit den Sozia­len Medi­en immer mehr an Bedeu­tung. Mit der Ban­Ha­te-App hat die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le in die­sem Bereich ein umfang­rei­ches Ser­vice eta­bliert, das weit über die stei­ri­schen Gren­zen hin­aus bis hin nach Deutsch­land genutzt wird.
Auch off­line sehen wir lei­der immer wie­der nega­ti­ve Ent­wick­lun­gen, die es zu bewäl­ti­gen gilt. Gera­de zuletzt wur­de uns dies durch die Anschlä­ge auf die Syn­ago­ge und das Ver­eins­lo­kal der Rosa­Li­la Pan­the­rIn­nen lei­der wie­der vor Augen geführt. Es ist dabei uner­heb­lich aus wel­cher Rich­tung der Hass kommt. Wich­tig ist, dass wir alle gemein­sam ent­schie­den dage­gen vor­ge­hen müs­sen. Dazu ist es aber auch not­wen­dig Pro­ble­me offen zu benen­nen und anzu­spre­chen. Am Bei­spiel Anti­se­mi­tis­mus heißt das: Ja, wir haben noch immer ein Pro­blem mit Anti­se­mi­tis­mus, der aus dem rechts­extre­men Bereich kommt. Wir sehen aber auch ein ver­mehr­tes Auf­tre­ten in migran­tisch-mus­li­mi­schen Com­mu­ni­ties. Egal wel­che Moti­ven­la­ge dahin­ter­steht, Anti­se­mi­tis­mus muss immer bekämpft wer­den. Als Stadt Graz set­zen wir vor allem im Bil­dungs­be­reich an, um die­sem schon früh den Nähr­bo­den zu ent­zie­hen. Gera­de in Zei­ten neu­er Her­aus­for­de­run­gen müs­sen wir uns ver­stärkt und jeden Tag aufs Neue gemein­sam um ein funk­tio­nie­ren­des Mit­ein­an­der bemü­hen. Ein ver­läss­li­cher Part­ner ist dabei die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark.“

Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le Stei­er­mark

Andrit­zer Reichs­stra­ße 38 | 1. Stock

8045 Graz | Tel.: 0316/714 137

buero@antidiskriminierungsstelle.steiermark.at

www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at

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