Sandra Raunigg ist Österreichs erster Sexcoach
Fotos: Nathan Murrell; Styling: Steffi Saliterer; Fashion: La Hong; Möbel von Neue Wiener Werkstätte; Art Director: Monika Wogrolly
So entstand die Idee
„Nach meinem ersten Mal mit einer Urlaubsbekanntschaft wurde mir von vielen Seiten ein schlechtes Gewissen gemacht. Wäre ich ein Mann, hätte ich wohl ein High Five kassiert.“
Glücklicherweise wird viel getan für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, doch in Sachen Sex hinken wir noch stark hinterher. Mit ihren Videos will Sandra Raunigg Frauen motivieren ihre Sexualität offener auszuleben.
Trotz allem war das erste Video eine große Hürde, da hatte sie mit vielen NEIN Sagern zu kämpfen: Sie würde sich als Moderatorin die Karriere versauen. Doch Sandra hielt ihre Spezialisierung für die einzige Möglichkeit, langfristig Erfolg zu haben. „Auch wenn der Berufswunsch nicht den allgemeinen Maßstäben entspricht, so ist es doch wichtig, dass gerade wir Frauen uns trauen den gewünschten Berufsweg zu gehen. Das muss vorgelebt werden um auch andere zu motivieren sich zu trauen. Denn nur was uns Spaß macht, machen wir auch richtig gut.“ Heute finden Freunde ihre Initiative cool, sehen die Arbeit, die dahinter steckt und sind stolz auf die Aufklärungsarbeit die Sandra leiste. Doch dem nicht genug, auch ihre Eltern stehen voll hinter ihr und geben immer wieder Feedback zu den Videos und ihrer Radiosendung.
Ihre zentrale Botschaft
Sandras Interviews und Videos sollen inspirieren, die eigene Sexualität zu erforschen.
„Frauen – traut euch, eure Sexualität zu leben, lasst euch nicht unterdrücken, schon gar nicht von Männern. Tut was euch Spaß macht und achtet dabei nicht so viel auf die soziale Erwünschtheit.“ Für Sandra ist es daher besonders wichtig, öffentlich über Sex zu sprechen. „In den Gesprächen die ich als Sexcoach führe fällt mir auf, dass viele Menschen ihr Sexleben mit Hollywoodfilmen und Pornos vergleichen. Das kann nur enttäuschen.
Heutzutage wollen alle perfekt sein, aber beim Sex gibt es keinen Beauty Filter. Da wird geschwitzt und geschrien. Ich denke unserer Gesellschaft fehlt es an Kommunikation. Wir lästern lieber mit der besten Freundin über unsere Sexprobleme als mit dem Menschen zu sprechen den es betrifft: Den Partner.“
Gesellschaftliches Veränderungspotential
„Wenn eine Frau feucht ist, heißt das nicht automatisch, dass sie erregt ist und bereit für Sex. Umgekehrt ist es kein Zeichen von Unlust. Jeder Körper zeigt unterschiedliche Reaktionen, auch hier bedarf es an Kommunikation. Viele wissen auch gar nicht was sie wollen und ertragen schlechten Sex lieber als herauszufinden was schön wäre. Ein gutes Beispiel hier ist der vorgetäuschte Orgasmus um Sex zu beendet anstatt sich einfach zu trauen: „Stopp“ zu sagen“, so Sandra Raunigg. Genau hier setzt ihre Arbeit als Sexcoach an. Ein weiteres Tabu: Gedanken. „Wir erlauben uns nicht Phantasien zu haben, aus Angst, dass wir so zu Außenseitern werden.“ Hier gilt es, Tabus zu brechen und mit dem Partner über diese Phantasien zu sprechen. — Werden sie unterdrückt, brechen sie meist unkontrolliert hervor. Wichtig ist immer der Leitfaden: Safe, Sane, Consensual (SSC), also sicher, gesund und im Einvernehmen. Wenn das zutrifft dann kann nichts gegen Beziehungen, welcher Art auch immer, sprechen.
Neue Beziehungsformen?
Freundschaft Plus, Mingles, Polyamorie, sind nichts Neues, „wir geben ihnen nur heute erst einen Namen. Schon Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir lebten Polyamorie, nannten es damals aber Zufallslieben.“ Problematisch ist, dass unsere Gesellschaft immer mehr beziehungsunfähig wird. „Statt um eine Beziehung zu kämpfen wird der Partner einfach ausgetauscht“. Sex kann es auch ohne Liebe geben. „Die reine Lust ist auch ein starker Trieb, aber Liebe geht tiefer, oft kann man sie auch schon auf den ersten Blick verspüren.“
Sandra Raunigg