Im bereits dritten Jahr in Folge bespielt das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark das umgebaute Flugdach am Opernring in Graz. Der Pavillon, der im letzten Jahr vor allem durch den Künstler Matthias Mollner und sein Projekt A bed is a serious place an Aufmerksamkeit gewann, wird auch heuer wieder zur Kunst- und Medienplattform. Das von Elisabeth Fiedler und Jasmin Haselsteiner-Scharner kuratierte Video- und Filmprogramm startet am 5. März 2021 mit einer Kooperation mit der Diagonale. Danach werden im monatlichen Rhythmus Filme gezeigt, in denen Künstler*innen die Bedingungen urbanen Lebens auf teils kritische, teils humorvolle Art und Weise ausloten.
Der Zeitpunkt für den Programmstart ist nicht zufällig gewählt: Genau ein Jahr ist er her, dass das Wort Lockdown die Nachrichten zu füllen begann und im März 2020 das Leben in Österreich schließlich grundlegend veränderte. Auch die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, musste letztes Jahr abgesagt werden. Ausgewählte Beiträge wurden online und über das Jahr verteilt präsentiert. Heuer wurde der gewohnte Märztermin notgedrungen in den Juni 2021 verlegt.
Neben zahlreichen Herausforderungen wurde im ersten Lockdown aber auch etliches an Filmmaterial produziert. So entstand die nun hier im ersten Programmteil von NonStopScheiner gezeigte sogenannte CORONA_Rolle: ein einmaliges, unwiederholbares Zeitdokument, entstanden aus über 1.500 privaten Handyvideos, die von Menschen aus ganz Österreich nach einem öffentlichen Aufruf der Initiatorinnen des #Echtzeitexperiments Anfang Juli 2020 hochgeladen wurden. Nach einem Konzept der Regisseurin Elisabeth Scharang wurden diese Videos nach dem Datum ihrer Aufnahme von den Künstler*innen Lisa Truttmann und Sebastian Brauneis zu einem Film montiert. Sie erzählen unkommentiert über die Zeit des Ausnahmezustands des ersten Lockdowns in Österreich: leere Plätze und ausgeräumte Supermärkte, fallende Bäume und etwas andere Beschäftigungsideen. Der Film ist ein Stimmungskaleidoskop, ein „Echtzeit-Experiment”, humorvoll und zugleich beklemmend. (Dauer: 79:50 min; Produktion: Verein #Echtzeitexperiment)
Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber, Festivalleitung Diagonale
„2020 wurde unser aller Alltag aus den Angeln gehoben und zum Stillstand gebracht. Die CORONA_Rolle ist das filmische Zeugnis des gesellschaftlichen und künstlerischen Ausnahmezustands – das ultimative Zeitdokument einer Zumutung. Während die Kinos weiterhin geschlossen bleiben, drängen die vielfältigen Kommentare, Beobachtungen,
Analysen aus dem Lockdown #1 im NonStopScheiner zurück in den öffentlichen Raum. Gewitzt, humoristisch, dringlich. Holen wir uns das Kino zurück in unseren Alltag!“
Elisabeth Fiedler, Leiterin des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark
Konzipiert als erweiterbares erstes 24-Stunden-Open-Air-Kino im öffentlichen Raum an einem markanten Ort im Zentrum von Graz, liefert NonStopScheiner allen Passant*innen auch heuer wieder künstlerische Filme zu zeitgemäßen Themen. Mit der Andockmöglichkeit
für Kopfhörer wird das diesjährige Programm durch die Dimension des Tons erweitert. Überwachung oder Mobilität erscheinen ebenso thematisiert, wie Künstler*innen die Sinnhaftigkeit unseres Handelns, sozialer oder politischer Entscheidungen hinterfragen.
Zeit, Raum und Handlung werden dabei in unterschiedlichen Formaten und Produktionsmethoden ausgelotet. Im ersten Beitrag wird die uns alle überraschende Verengung von Bewegungsfreiräumen und deren Auswirkungen durch Corona reflektiert und werden Versuche der Zurechtfindung unter absurden Lebensbedingungen gezeigt.
Verordnete „Privatheit“ wird in den virtuellen und realen öffentlichen Raum zurückgespielt und wirft neue Fragen zum Verhältnis dieser geglaubten Polaritäten auf.
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NonStopScheiner
Durchgehend geöffnetes Freiluftkino
Neben dem Opern Pavillon (Opernring 17), 8010 Graz
05.03.–15.04.2021
Kuratorinnen: Elisabeth Fiedler, Jasmin Haselsteiner-Scharner
www.kioer.at
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