Literat Andreas Lindpointner weckt Gefühle
Text: Monika Wogrolly, Foto: Bianca Lindpointner
Wohl kein anderer Lyriker Österreich lebt so im Verborgenen wie Andreas Lindpointner, der jetzt mit seinem literarischen Debüt, dem Lyrikband “Ich will Gefühle wecken” buchstäblich künstlerisch das Licht der Welt erblickt. Dem Kulturmagazin Living Culture und der Kuturinitiative Art:Network ist es eine Freude und Ehre, den Künstler dabei dokumentativ zu begleiten. Mit seiner Schwester Bianca Lindpointner bereitet der feinsinnige Literat der stillen Klänge derzeit erste Lesungen vor, um den für seine Gedichte und Texte unverwechselbaren Nachhall in den Menschen zu wecken. Seinen Lebenslauf und seine Person beschreibt Andreas Lindpointner mit den für ihn typischer Weise sparsam, aber treffsicher gesetzten Worten:
“Andreas Lindpointner, freischaffender Künstler, lebend in Linz. Liebt Musik, Licht und Lyrik.”
WENN ELEFANTEN WEINEN
Wenn Elefanten weinen, gehen sie zu einem See
voller Elefantentränen, tief im Urwald.
Sie weinen, weil sie keine Stoßzähne mehr haben.
Großwildjäger haben ihnen das Elfenbein gestohlen.
Ich bin da, die Räuber in diesem See aus Tränen
zu ertränken, damit sie aufhören zu weinen,
die Elefanten
Wenn Krokodile weinen, gehen sie zu einem See
voller Krokodilstränen, tief im Dschungel.
Sie weinen, weil sie keine Haut mehr haben.
Großwildjäger haben ihnen das Leder gestohlen.
Ich bin da, die Räuber in diesem See aus Tränen
zu ertränken, damit sie aufhören zu weinen,
die Krokodile.
Wenn Menschen weinen, brauchen sie Taschentücher
und verstecken ihr Gesicht. Sie weinen aus vielen
Gründen.
Aus so vielen Gründen, dass niemand sie alle ergründen
könnte.
Die Räuber, die sie zum Weinen bringen, sind überall
unter uns, und ich kann sie nicht finden, um sie zu
ertränken in dem Meer aus Tränen.
Darum werden sie nie aufhören zu weinen,
die Menschen.
IRGENDWO
Oft muß man sich trennen, oft gibt es Tränen.
Im Leben sind Wege, die man gehen muß.
Viele mit Unlust, viele mit Freude
Geliebte Menschen, Menschen, die einen Teil
von sich selber besitzen, müssen weit weg,
oft für immer.
Aber ich bin mir sicher, daß wir uns einmal
wiedersehen, irgendwo im Universum.
Vielleicht in einem Eispalast auf Pluto.
Oft werden nach erzwungenen Trennungen, innere
Fäden der Liebe zerstört. Aus dieser Liebe wäre
viel geworden.
Aus diesem Leben wäre viel geworden. Aber das
Schicksal lässt uns nie wieder sehen oder uns
innerlich von uns trennen.
Wenn wir uns wiedersehen, sehen wir uns anders
und sind in die Realität gepreßt.
Zeit verändert gewaltig.
Aber ich bin mir sicher, daß aus unsrer Liebe
viel wird.
Irgendwann, irgendwo im Universum.
Vielleicht in einem Eispalast auf Pluto.
IRGENDWO 2
Manchmal ist die Vergangenheit so nah, daß
ich glaube sie spüren zu können.
Manchmal kommen Gedanken von früher so direkt,
daß ich glaube es war gestern.
Doch die Zeit geht voran und vieles vergißt sich
selbst. Aber ich weiß, daß man nichts für immer
vergißt, daß man nichts ganz vergißt.
Manchmal ist die Vergangenheit gleich der
Zukunft und die Gegenwart nur unscheinbar.
Manchmal ist mein Ich im Jahr 1973 und ich
weiß jede Einzelheit.
Man kann die Zeit zurückdrehen. Ich weiß es!
Ich, ICH weiß es!
Man kann die Unendlichkeit enden lassen.
Es muß so sein. Ich weiß es!
Irgendwo in der Unendlichkeit.
Irgendwann in der Vergangenheit.
Oder irgendwann in der Zukunft.
Oder vielleicht in einem Eispalast auf Pluto.
UNTER ANDEREM IN PARIS
Treffen von Gedanken ergeben Ideen
Stummes Denken ist gefährlich
Leute kommen auf Dinge
Dinge, die noch nicht sind
Glückliche Tage, ihr seid vorbei
Monotonie ergibt Öde
Öde gibt Nachdenkenmüssen
Nachdenkenmüssen ergibt Aggression, Selbstmitleid
oder Verzweiflung
Das alles schürt Haß
Haß gibt Haß
Die glücklichen Tage sind vorbei
Die glücklichen Tage sind vorbei
Haß gibt Tod