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Kon­stan­tin Wecker – Der (un)politische Abend einer bay­ri­schen Sän­ger-Legen­de


Text und Fotos: Lukas Wogrol­ly / Living Cul­tu­re
“Der Sound­track mei­nes Lebens” als Gast­spiel des 77-Jäh­ri­gen an der Oper Graz.

Juli 1994: Mit Hits wie „Genug ist nicht genug“ und „Lang mi net o“ kom­me ich im zar­ten Alter von acht Jah­ren im Grie­chen­land-Urlaub auf der Halb­in­sel Chal­ki­di­ke (mitt­le­re Halb­in­sel Sitho­nia) erst­mals in Kon­takt mit Kon­stan­tin Wecker, dem Münch­ner Urge­stein deutsch­spra­chi­ger Musik­kul­tur. Dabei wird mir so neben­her gleich die Funk­ti­ons­wei­se eines CD-Play­ers erklärt, inklu­si­ve einer Funk­ti­on, dank der man unend­lich oft immer wie­der den­sel­ben Titel wie­der­ge­ben las­sen kann.

Mehr als 30 1/2 Jah­re spä­ter, genau genom­men am 30. Novem­ber 2024,  erle­be ich Kon­stan­tin Wecker erst­mals live und haut­nah. Viel hat sich ver­än­dert. Schau­platz ist das schmu­cke Ambi­en­te der Oper Graz, nor­ma­ler­wei­se Ort für ganz ande­re Musik­gen­res. Und auch Kon­stan­tin Wecker selbst, mitt­ler­wei­le 77 Jah­re jung, singt weder „Genug ist nicht genug“ noch „Lang mi net o“. Ver­liebt hat er sich, so wie es scheint, in die diver­sen Film­mu­si­ken. Ein paar bekann­te­re Stü­cke, vor allem aber weni­ger bekann­te, sind Teil sei­nes aktu­el­len Reper­toires. Er warnt zudem gleich vor, dass er den zeit­li­chen Rah­men bis 23 Uhr gänz­lich aus­nüt­zen wer­de. Dafür gibt es eine zir­ka halb­stün­di­ge Pau­se, in der ich im Café Stolz im Spie­gel­foy­er gleich meh­re­re Kaf­fees genie­ße. Neben den Film­mu­si­ken ist sei­ne zwei­te gro­ße Lie­be an die­sem Abend ganz klar die Poli­tik: Ohne je den Namen einer Par­tei zu nen­nen, warnt Kon­stan­tin Wecker in der Mode­ra­ti­on zwi­schen den ein­zel­nen Musik­stü­cken immer wie­der aus­drück­lich vor einer Macht­über­nah­me all jener, die heut­zu­ta­ge den Holo­caust leug­nen wür­den. Und auch davor, den poli­tisch Rech­ten zu viel Platz und vor allem zu viel Macht zu über­las­sen. Vor besorg­nis­er­re­gen­den Ent­wick­lun­gen, wie sie wohl jede/r Politiker/in des lin­ken Spek­trums täti­gen wür­de heut­zu­ta­ge. Wei­te­re Ele­men­te prä­gen die­ses ganz beson­de­re Kon­zert, das eben durch die unge­wöhn­li­che Musik in einer unge­wöhn­li­chen Loca­ti­on gekenn­zeich­net ist. Zum einen die Gast­auf­trit­te von unter ande­rem einer jun­gen rus­si­schen Opern­sän­ge­rin. Und zum ande­ren die Erwäh­nung zahl­rei­cher Weg­be­glei­ter. Denn Kon­stan­tin Wecker poli­ti­siert nicht nur in der Mode­ra­ti­on zwi­schen den Songs. Er erin­nert auch an Men­schen, die ihn auf sei­nem lan­gen Lebens­weg beglei­tet haben. Man­che davon sind schon tot, wie etwa Carl Orff, den er einst in des­sen Zuhau­se süd­lich von Mün­chen besucht hat. Ande­re, wie Hei­no, leben aber zum Glück noch. Und er hat auch einen Teil, in dem er Reli­giö­ses spielt. Das passt zum Ers­ten Advent­sonn­tag, der an die­sem Abend vor der Tür steht. Alles in allem eine beson­de­re, außer­ge­wöhn­li­che Per­for­mance an einem unge­wöhn­li­chen Ort eines bay­ri­schen Voll­blut­mu­si­kers, einer Legen­de wie sein bun­des­deut­scher Lands­mann Hei­no. Auch wenn das Gen­re natür­lich ein biss­chen ein ande­res ist. Und das Bedau­ern, dass von den Hits, die ihn für mich vor über 30 Jah­ren erst­mals wahr­nehm­bar gemacht haben, lei­der an die­sem Abend nichts mehr übrig ist. Aber den­noch: Ver­nei­gen wir uns vor der Kar­rie­re und vor so einem Musik-Urge­stein wie es die Welt viel­leicht nur ein ein­zi­ges Mal gese­hen hat: Der der so heißt wie das unge­lieb­te Etwas, das uns mor­gend­lich aus den süßes­ten Träu­men reißt: Wecker.

Oper Graz

Kon­stan­tin Wecker

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