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IM SCHWEIZERHAUS GEMEINSAM GENIESSEN


Text: Moni­ka Wogrol­ly / Living Cul­tu­re
Das Schwei­zer­haus im Pra­ter ist längst Kult. Aber wie kam es zu die­sem nicht weg­zu­den­ken­den his­to­ri­schen Juwel nicht nur der blan­ken Gau­men­freu­de, son­dern auch der unauf­ge­reg­ten zwi­schen­mensch­li­chen Begeg­nung im Wie­ner Pra­ter?

Gar nicht herr­schaft­lich, aber äußerst welt­of­fen begeg­net mir der Herr des Schwei­zer­hau­ses Karl Kola­rik. Ganz unauf­ge­regt begrüßt mich der ele­gan­te schlan­ke Gast­ge­ber eines der größ­ten Bier­gar­tens Euro­pas. Und, mal ganz ehr­lich, als pas­sio­nier­te Fleisch-Ent­sa­ge­rin kann selbst ich der loka­len Grup­pen­dy­na­mik nicht wider­ste­hen. Bist du ein­mal im Schwei­zer­haus, bist du mit­ten­drin: Noch nie ist mir Schwei­ner­nes so wachs­gleich den Gau­men hin­un­ter geglit­ten wie die Schwei­zer­haus-Stel­ze, deren archai­sche Optik täuscht, das Fleisch zer­geht auf der Zun­ge. Ein krea­ti­ver Stamm­gast nennt, in dem Fall: die Stel­ze – beim Namen: Sei­di­ge Fleisch­ge­nüs­se und selbst die gold­brau­ne Krus­te sei­en schlicht ein sub­stan­zi­el­ler poe­ti­scher und zeit­lo­ser Genuss.

Jetzt zu den Gäs­ten: Vom Putz­dienst-Mit­ar­bei­ter bis zur Gene­ral­di­rek­to­rin sind hier alle voll­kom­men gleich­wer­tig. Und das ist auch das Zau­ber­haf­te an die­sem Ort des Welt­ge­nus­ses, wenn selbst das Durch­ge­hen zwi­schen den Bier­ti­schen mit lau­ter gut­ge­laun­ten oder sich hier gut auf­ge­ho­ben füh­len­den Men­schen nicht nur ein Erleb­nis ist, son­dern eben­so einend wirkt: Im Schwei­zer­haus kommt es weder auf die Her­kunft noch auf groß­ar­ti­ge Erfol­ge ein. Hier bist du Mensch und fühlst dich wert­neu­tral unter Gleich­ge­sinn­ten „wie zu Hau­se“.

Gast­ge­ber Karl Kola­rik spricht mit fast väter­li­chem Stolz von sei­nen Stamm­gäs­ten, die hier tat­säch­lich teil­zeit-wohn­haft sind: Nach dem Essen wer­de durch­aus auch eine Art „Schwei­zer­haus Home Office“ von man­chem Stamm­gast betrie­ben. Ande­re kom­men regel­mä­ßig zum Fei­ern von Erfol­gen und Geschäfts­ab­schlüs­sen, exis­ten­zi­el­len Para­dig­men­wech­seln hier­her.

Jetzt aber ein längst fäl­li­ger Schwenk in die Geschich­te die­ses mys­ti­schen, zugleich archa­isch-erdi­gen Ortes: 1766 begann alles mit der erst­ma­li­gen urkund­li­chen Erwäh­nung als Schwei­zer Hüt­te. Und nie­mand Gerin­ge­rer als die kai­ser­li­chen Herr­schaf­ten wur­den hier­orts im Pra­ter von Schwei­zer Jagd­be­trei­bern bewir­tet. Im Jahr 1800 befand sich an der Stel­le des heu­ti­gen Schwei­zer­hau­ses das so genann­te Gast­haus „Zur Tabaks­pfei­fe“: Damals als Treff­punkt der Rau­cher beliebt, als das Rau­chen in der soge­nann­ten guten Gesell­schaft noch ver­pönt war.

1814 wur­de die Gast­stät­te wäh­rend des Wie­ner Kon­gres­ses zeit­ge­mäß von der „Tabaks­pfei­fe“ auf „Zum rus­si­schen Kai­ser“ umbe­nannt. 1868 ent­stand auf dem his­to­ri­schen Boden die “Schwei­zer Meie­rei”, die dar­auf­hin den heu­ti­gen Namen „Schwei­zer­haus“ erhielt. 1920 über­nahm Karl Kola­rik, der Vater der heu­ti­gen Besit­zer. Der neun­zehn­jäh­ri­ge Wie­ner Flei­scher­meis­ter wur­de damals vor­zei­tig für voll­jäh­rig erklärt. Sechs Jah­re spä­ter erkann­te der Vater des heu­ti­gen Gast­ge­bers in Böh­men das Ori­gi­nal Bud­wei­ser Bud­var Bier. Auf einer Rei­se nach Böh­men kauf­te er ambi­tio­niert eine vol­le Wagen­la­dung Bud­wei­ser und brach­te sie nach Wien, wo der Wei­zen­saft rei­ßen­den Absatz fand. 1945 war das Schwei­zer­haus durch das Kriegs­ge­sche­hen völ­lig zer­stört wor­den. Zwei Jah­re spä­ter star­te­ten Karl und Else Kola­rik in einem alten Rie­sen­rad­wag­gon und einer win­zi­gen Holz­hüt­te den Neu­start des Schwei­zer­hau­ses nach dem Krieg. 1954 errich­te­te man eine höl­zer­ne Schau­kü­che, in der die Eigen­pro­duk­ti­on von Roh­schei­ben und Erd­äp­fel­puf­fer begann —  die Keim­zel­le des heu­ti­gen Gas­sen­ver­kaufs. Anfang der sech­zi­ger Jah­re eta­blier­te sich das Schwei­zer­haus zur Wie­ner Insti­tu­ti­on. Mit Gau­men­freu­den aus der Böh­mi­schen und Wie­ner Küche — wie der erwähn­ten jeden Vege­ta­ri­er hart erpro­ben­den Grill­s­tel­ze oder Zna­i­mer Rinds­gu­lasch — wer­den die Gäs­te bis heu­te ins kuli­na­ri­sche Para­dies ent­führt. 1993 ging mit dem Tod des Wie­ner Ori­gi­nals Karl Kola­rik Seni­or die Ära des Auf­baus in die bis heu­te welt­weit bekann­te Phi­lo­so­phie der Lebens­freu­de über. 1998 bis 99 ent­stand im Schwei­zer­haus eine der moderns­ten Schau­kü­chen Euro­pas mit dem „Küchen­stöckl“ nach bloß vier­mo­na­ti­ger Bau­zeit. 2003 wur­de der Gast­gar­ten erwei­tert und der gesam­te Gar­ten­be­reich in die „Wie­ner Bezir­ke“ ein­ge­teilt. 2004 wähl­ten die Wie­ne­rin­nen und Wie­ner das Schwei­zer­haus zu ihrem belieb­tes­ten Platz in der Stadt. 2005 erhielt das Schwei­zer­haus die „Ehren Tro­phee Gour­met“ von A la Car­te. 2006 ver­schied die See­le des Betrie­bes, Else Kola­rik. Sie hat­te bis zuletzt mit Lei­den­schaft im Schwei­zer­haus gewirkt. 2010 ent­stand der neue Gar­ten­be­reich “St. Marx”.

Und heu­te? Karl Jan, Han­ni, Lydia, Regi­na und Karl Kola­rik sor­gen für das ein­zig­ar­ti­ge unauf­ge­reg­te Will­kom­mens­flair im Schwei­zer­haus – ganz in der Tra­di­ti­on von Karl Seni­or und doch mit dem gewis­sen Etwas am Puls der Zeit: Sich eine Aus­zeit im Schwei­zer­haus zu gön­nen, bedeu­tet, einen kuli­na­ri­schen Kurz­ur­laub vom All­tag zu neh­men. „Des­halb“, so der neben dem elter­li­chen Betrieb im Geträn­ke­han­del früh erfolg­rei­che Betriebs­wirt Karl Kola­rik, „kom­men so vie­le Geschäfts­leu­te und Ent­schei­dungs­trä­ger zu uns, aber hier ist ein­fach jeder wohl­wol­len­de Mensch herz­lich in der Schwei­zer­haus-Fami­lie will­kom­men.“ Im Schwei­zer­haus ist die Welt ganz ein­fach auf Genuss gepolt. Von Tou­ris­ten­bus­sen will Gast­ge­ber Karl Kola­rik nichts wis­sen, es gebe kei­ne Mas­sen­ab­fer­ti­gun­gen im Schnell­durch­lauf im Schwei­zer­haus: Statt­des­sen eröff­net sich jedem Besu­cher eine Kathe­dra­le der Lebens­freu­de. Im Schwei­zer­haus scheint bis zum 31. Okto­ber die Son­ne, gut für Kör­per, Geist und See­le. Die Fami­lie Kola­rik lebt seit Gene­ra­tio­nen ihr Tun, das Karl Kola­rik als phi­lo­so­phi­sche Lebens­hal­tung ver­steht und dem Padro­ne der legen­dä­re Har­rys Bar in Vene­dig bei­pflich­tet: „To ser­ve is first to love.“ Auch die Fami­lie Kola­rik liebt ihre Gäs­te. Und das, was sie – mit gro­ßer Lei­den­schaft – im Schwei­zer­haus tun. Nach Sai­son­ende sind die Fami­li­en­mit­glie­der nicht jeden Tag, son­dern „nur“ wochen­tags vor Ort und wer­den Neu­an­schaf­fun­gen wie Ener­gie scho­nen­de Geschirr­spü­ler ein­ge­baut. Auch Kola­riks haben mal eine Aus­zeit ver­dient, um dann zu Sai­son­be­ginn den Wiener:innen und ihren Freund:innen das gewohn­te und gelieb­te Zuhau­se auf Zeit zu garan­tie­ren.

 

 

Schwei­zer­haus

Schwei­zer­haus

Sai­son vom 15. März bis 31. Okto­ber – Kein Ruhe­tag

Täg­lich geöff­net von 11 bis 23 Uhr

Reser­vie­rung per E‑Mail: info@schweizerhaus.at

Reser­vie­rung tele­fo­nisch: + 43 1 728 01 520

 

Karl Kolarik’s Schwei­zer­haus GmbH
Pra­ter 116 • 1020 Wien •

Tel +43 1 72801520 •

info@schweizerhaus.at
Geöff­net 15.3. — 31.10. täg­lich 11–23 Uhr

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