Der Bundestrend bestätigt sich – Landtagswahl Vorarlberg Oktober 2024
Text, Fotos und Videos: Lukas Wogrolly / Living Culture
Christof Bitschi (FPÖ): damals Klubobmann, später Landesstatthalter (= Landeshauptmann-Stellvertreter)
Blick vom Hotelzimmer am Wiener Hauptbahnhof
Dornbirn
Bregenz, Altstadt
Café-Restaurant Leutbühel, Bregenz
Bodensee in Bregenz
Zwischenstand
Seebühne
Kulisse von “Der Freischütz”, zu sehen 2024 und 2025.
Landtag Vorarlberg
Foyer, Landhaus
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP)
Christof Bitschi (FPÖ): damals Klubobmann, später Landesstatthalter (= Landeshauptmann-Stellvertreter)
Elefantenrunde
Mit Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle
Landhaus Bregenz
Kesselhaus Bregenz, außen
Kesselhaus Bregenz, innen
Daniel Zadra und Eva Hammerer (Die Grünen)
Bye-bye, Bregenz!
Die bundesweiten Wahlen, die EU-Wahl am 09. Juni und die Nationalratswahl am 29. September, waren geschlagen, als es im Herbst 2024 zu zwei Landtagswahlen kam. Bei beiden mussten die Grünen, dem Bundestrend folgend, schmerzhafte Verluste einstecken. Zuerst war am 13. Oktober, nur zwei Wochen nach der Nationalratswahl, das westlichste Bundesland Österreichs an der Reihe. Begonnen hat jene Landtagswahl, für die ich aus Graz die weiteste Anreise hatte, für mich folglich bereits am Abend des Donnerstag, 10. Oktober. Die Österreichische Fußballnationalmannschaft fuhr an diesem Abend in der Nations League einen 4:0‑Heimerfolg in Linz gegen Kasachstan ein. Die Koffer waren gepackt, die Termine beim Wahlkampf-Finale in Vorarlberg vereinbart, Unterkunft sowie Bahnfahrt waren gebucht. Und dann passierte an jenem Abend ein folgenschweres Missgeschick, als der Bildschirm meines Smartphones fast komplett zerstört wurde und das Handy somit unbrauchbar war.
Die Konsequenzen: Zum einen wurde sämtliches auf dem Handy gespeichertes Bild‑, Film- und Tonmaterial unwiederbringlich zerstört. Weshalb nicht nur das gemeinsame Foto mit der Grünen Justizministerin Alma Zadić vom 28. September, also dem Vorabend der Nationalratswahl, sondern sämtliche Fotos und Videos sowohl vom Vorabend der Nationalratswahl als auch von der Grünen Wahlparty im Wiener Metropol Theater am Wahlabend selbst perdu waren. Dies merkt man beim anderen Living Culture Beitrag, der zwar inhaltlich sowohl von der EU-Wahl als auch von der Nationalratswahl handelt. Aber Foto- und Videomaterial allein vom Wahlabend der EU-Wahl zu bieten hat. Und zum anderen hatte am folgenden Tag, Freitag, dem 11. Oktober, für mich die Besorgung eines Handys beziehungsweise die Einsetzung der SIM-Karte ins neue Handy bei einem Mobilfunkanbieter oberste Priorität. Und erst als dies zum Glück in den Mittagsstunden erledigt war, konnte ich daran denken, mich auf den Weg in den Westen zu machen. Kurzum hatte sich meine Abreise verzögert. Ich musste umdisponieren und erreichte somit statt am Freitagabend erst am Samstag mittags Vorarlberg. Und dies führte dazu, dass ich sämtliche Wahlkampffinal-Veranstaltungen sämtlicher Parteien versäumte. Und mir somit nur mehr der Wahlsonntag blieb, an dem ich über das Amt der Vorarlberger Landesregierung eine Presseakkreditierung für das an jenem Tag zum Medienzentrum umfunktionierte Bregenzer Landhaus hatte und sowohl im Grünen Landtagsklub zugegen war als auch an der anschließenden Grünen Wahlparty im Restaurant Kesselhaus teilnahm.
Doch alles von vorne: Es ist Freitag, der 11. Oktober am frühen Nachmittag. Eigentlich wollte ich um diese Zeit schon im Zug sein, um ins Ländle zu fahren. Doch ich bin noch in Graz, atme nach den Turbulenzen durch den Daten-Verlust am vergangenen Abend durch. Dann kontrolliere ich noch, ob ich auch alle anderen Unterlagen abseits vom neuen Handy, für die Reise beisammenhabe. Und fahre, da sämtliche Nachtzüge ausgebucht sind und es für eine Tagesverbindung mittlerweile schon zu spät ist, am Freitagnachmittag nach Wien. Wo ich direkt am Hauptbahnhof im Hotel nächtige, um tags darauf mit dem ersten Zug ohne Umsteigen ins westlichste Bundesland Österreichs zu reisen. Erst als ich in Feldkirch dann aus dem Railjet in die S‑Bahn wechsle, spüre ich die Müdigkeit und die Strapazen. Dennoch bin ich voller Euphorie, als ich endlich in der Festspielstadt am Bodensee, ganz am anderen Ende von Österreich, ankomme. Sogleich gehe ich in die Unterkunft. Und denke mir: Hoppla, die Wahl ist morgen; es ist doch erst Samstagmittag. Da muss doch wahlkampftechnisch irgendwas los sein, entweder in der Landeshauptstadt oder in der größten Stadt dieses Bundeslandes. Und somit ist auf einmal, kaum bin ich in Bregenz angekommen, jegliche Müdigkeit einem Flow gewichen, mich auf die Suche in den Städten Bregenz und Dornbirn zu machen. Und somit lade ich das Gepäck im Zimmer ab und mache mich mit meinen Laufschuhen auf den Weg dorthin wo ich gerade hergekommen bin: zum Bregenzer Bahnhof. Dann fahre ich mit einem Cityjet etwa eine Viertelstunde wieder retour und steige in Dornbirn, der bevölkerungsreichsten Stadt Vorarlbergs, aus. Dort drehe ich ein paar Runden durch die Innenstadt. Ich erinnere mich an eine Veranstaltung in der Stadtbibliothek vor genau fünf Jahren, also schaue ich auch dort hin. Doch bis auf einen Stand der SPÖ mit zwei, drei Personen erblicke ich niemand mehr auf der Straße, auch von keiner anderen Partei. Was ist denn das hier: Da gibt es Städte und niemand kümmert sich mehr um die Mobilisation letzter Unentschlossener in der Altstadt am Nachmittag vor dem Wahlsonntag? Der Eindruck, den ich in Dornbirn habe, bestätigt sich in der Bregenzer Altstadt. Menschen, Geschäfte, Düfte, Lokale, Straßennamen. Kopfsteinpflaster. Alles. Aber keine Wahl-Info-Stände. Selbst in der Landesparteizentrale der Grünen in der Deuringstraße ist nichts los. Vor dem Bregenzer Landhaus mache ich so lang Selfies mit dem Gebäude, bis die dort patrouillierende Sicherheitswache mir einen grimmigen Blick zuwirft. Nachdem ich es aufgegeben habe, weiter nach Spuren des Wahlkampfes zu suchen, trinke ich noch den ersten Glühwein der Saison und kehre anschließend im Café Leutbühel in der Bregenzer Altstadt ein. Dann ist es schon nach 16 Uhr; nun mache ich mich endgültig auf den Weg in die Unterkunft. Ich mache Selfies vor einem Plakat von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in unmittelbarer Nähe meiner Unterkunft. Dann ist für mich Feierabend.
Der nächste Tag, es ist der Wahlsonntag, 13. Oktober, beginnt für mich noch in der Unterkunft. Bereits kurz nach 13 Uhr, als im gesamten Land die letzten Wahllokale schließen, gibt es im ORF Teletext die ersten Gemeindeergebnisse. Ich fotografiere eifrig mit dem neuen Handy. Und auch zwei kurze Wahlsondersendungen des ORF Vorarlberg. Gegen 14 Uhr erlebe ich und filme auch am Fernsehbildschirm mit meinem nagelneuen Mobiltelefon die erste Hochrechnung. Prinzipiell lautet der Tenor sowohl der Hochrechnung als auch der Gemeindeergebnisse: Die Grünen sind mit einem blauen Auge davongekommen. Sie haben zwar in allen Gemeinden verloren, in manchen mehr, in manchen weniger. Aber: Sie starteten von einem guten Ergebnis bei der Landtagswahl auf den Tag genau fünf Jahre zuvor. Mehr noch: Sie haben zwar Platz 2 an die FPÖ verloren, aber gegenüber SPÖ und NEOS Platz 3 abgesichert. Und die Regierungsmehrheit mit der ÖVP behalten.
Ungeachtet dessen sollte sich letztendlich die alte und neue Landeshauptmannpartei ÖVP für einen Wechsel des Koalitionspartners entscheiden. (Diesbezüglich blieben in Vorarlberg, im Unterschied zur zweiten Landtagswahl sechs Wochen später, schon die meisten Steine auf den anderen.) Ihre Verluste waren nicht so stark, wie ursprünglich erwartet. Ein Duell um den Landeshauptmannsessel zwischen ÖVP und FPÖ, wie von manchen heraufbeschworen, hat es nie gegeben. Zu deutlich war doch noch der Vorsprung der Schwarzen vor den Blauen. Also ganz anders als sechs Wochen später in der Steiermark. Und: So weit waren wir an diesem Abend noch lange nicht. Wir waren noch nicht einmal bei der Wahl des Regierungspartners von Seiten der ÖVP. Für mich hieß es jedenfalls nach diesen ersten Ergebnissen kurz auf die Seebühne zu schauen und ein paar Selfies mit der eindrucksvollen Kulisse der Produktion des „Spiels auf dem See“ der Bregenzer Festspiele in den Saisonen 2024 und 2025 „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber zu machen. Dann ging ich, wie bereits anfangs erwähnt, mit Presse-Akkreditierung ins Bregenzer Landhaus. Dort suchte ich dann als einziger Journalist den Grünen Landtagsklub auf, wo, abgeschottet vom Rest der Welt, ein paar Grüne das Wahlgeschehen in ihren Büros verfolgten. Mir gelang es hierbei, zwei namhafte Gesichter vor die Videokamera meines Mobiltelefons zu einzuladen: Die Listenzweite und Grüne Landessprecherin Eva Hammerer. Zudem noch den ehemaligen Spitzenkandidaten bei der Wahl vor fünf Jahren, früheren Landesrat und Noch-Bundesminister Johannes Rauch. Beide waren sich einig, dass die Bundespolitik trotz des ähnlichen Wahlergebnisses bei dieser Wahl nur bedingt eine Rolle gespielt hätte. Und: Dass sich Landeshauptmann Markus Wallner nun entscheiden müsse, zwischen einer retrogewandten Politik der FPÖ oder einer Fortsetzung der bereits zehn Jahre erfolgreich währenden Regierungskoalition aus Schwarz und Grün, wie ja auch schon fünf Jahre lang im Bund. Nachdem die Interviews im Kasten waren (siehe unten unter den YouTube-Videos), begegneten mir PolitikerInnen unterschiedlicher Parteien. Allen voran Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und der späteren Landesstatthalter – so wird in Vorarlberg der Landeshauptmann-Stellvertreter genannt – Christof Bitschi (FPÖ), umringt von jubelnden Parteianhängerinnen. Zudem die durch ihre fünf Jahre im EU-Parlament bekanntgewordene Heimkehrerin in die Lokalpolitik Claudia Gamon (NEOS) und der ehemaligen Grüne Bundesrat Adi Gross sowie die frühere ÖVP-Bundesrätin und jetzige Nationalratsabgeordnete Heike Eder. Die erste Elefantenrunde aller SpitzenkandidatInnen der im Landtag vertretenen Parteien verfolge ich von der Galerie aus. Im Presseraum gibt es dann noch kurze Statements von Landeshauptmann und Spitzenkandidat Markus Wallner (ÖVP) sowie von Landesrat und Spitzenkandidat Daniel Zadra (Die Grünen). Last but not least spreche ich als Journalist auch zwei durch den ORF bekannte Persönlichkeiten an und bitte sie um ein Selfie mit unterschiedlichem Erfolg: erfolgreich bei Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle und erfolglos beim neuen, aus Vorarlberg stammenden Chefredakteur der Tageszeitung „Der Standard“, Gerold Riedmann. Dann wird es allmählich finster auch Mitte Oktober am Bodensee: es ist zwischen 18 und 19 Uhr. Zeit, das Landhaus zu verlassen und den Schauplatz zu wechseln.
Eine intime, unheimlich liebevoll-authentische Wahlparty der Grünen Vorarlberg im Kesselhaus Vorarlberg steht an. Keine aufgebaute Bühne, keine gedrückte Stimmung. Unheimlich viel Respekt und gute Laune. Johannes Rauch, Eva Hammerer und natürlich Spitzenkandidat Daniel Zadra halten Reden, eine Band spielt, es gibt gratis Essen und Trinken so viel man möchte. Ich unterhalte mich auch mit Pressesprecherin Nadine Gratzer und Landesgeschäftsführerin Jessica Bösch sowie dem Pressesprecher des Ministers, Wolfgang Pendl. Kurz sehe ich die Bregenzer Vizebürgermeisterin Sandra Schoch. Und unterhalte mich mit der Listendritten Christine Bösch-Vetter, die den Wiedereinzug geschafft hat. Es wird gesungen, getanzt und gelacht. Die scheidende Landesrätin Katharina Wiesflecker wird gebührend verabschiedet. Und einige interessieren sich sogar dafür, als ich am Handy die ORF-Live-Fußballübertragung vom Nations-League-Spiel Österreich gegen Norwegen verfolge, wieder aus Linz wie schon am Donnerstag. Und wieder gibt es einen Kantersieg, diesmal sensationell mit 5:1, der Österreicher. Nur mir passiert kein Missgeschick mit dem Handy. Und da ich am Anfang im Paparazzo-Style fast alles und jede/n fotografiere, der/die mir vors neue Handy gerät, werde ich auch bald gebeten, das Fotografieren zu unterlassen. Es war letztendlich ohnehin alles gesagt. Um zirka 23:30 Uhr muss ohnehin das angemietete Gebäude verlassen werden, und eine Dame vom Catering bestellt mir kurz vor Mitternacht ein Taxi in die Unterkunft. Ich bin unter den letzten, die gehen. Manche fahren dann auch noch mit dem Fahrrad. Dass die ÖVP mit der FPÖ koalieren sollte und die Grünen nach zehn Jahren in der Landesregierung wieder in die Opposition schicken sollte, war an diesem Abend noch nicht klar. Schon gar nicht, was sechs Wochen später alles in der Steiermark dann passieren sollte. Bei den Grünen war man jedenfalls trotz der Verluste mit der Situation rund, so schien es. Eine eingeschworene Gemeinschaft der Herzlichkeit und Weltoffenheit, fernab der Bundeshauptstadt Wien. Und dementsprechend ein bisschen eigen. Liebenswert eigen, herzlich, hilfsbereit und respektvoll. Zudem genau wie ein Schweizer Uhrwerk im nahegelegenen Nicht-EU-Nachbarland.
Die Meinung des Autors dieses Textes muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.
Blick vom Hotelzimmer am Wiener Hauptbahnhof
Selfie vor dem Bregenzer Landhaus, bis die Security kommt
Selfie mit Plakat von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP)
Meine Unterkunft in Bregenz
Pressestunde, zu Gast ist die steirische Präsidentin der Caritas Österreich Nora Tödtling-Musenbichler.
Gemeindeergebnisse im ORF Teletext
Grand Hotel und Casino Bregenz
Kulisse von “Der Freischütz”, zu sehen 2024 und 2025.
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP)
damals Klubobmann, heute Landesstatthalter (= Landeshauptmann-Stellvertreter) Christof Bitschi (FPÖ).
Peter Filzmaier (Politikwissenschaftler) mit Kerstin Polzer (ORF Vorarlberg).
Mit Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle.