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Brit­tens “War Requi­em” — die gan­ze Oper ist Büh­ne


Text: Lukas Wogrol­ly / Living Cul­tu­re, Oper Graz; Fotos: Wer­ner Kme­titsch
Ein ganz beson­de­res Stück läuft der­zeit in der Oper Graz.

Da ich bei den ers­ten bei­den Vor­füh­run­gen ver­hin­dert war, besuch­te ich aus­nahms­wei­se nicht die Pre­mie­re, son­dern die 3. Vor­füh­rung des dies­jäh­ri­gen Sai­son­er­öff­nungs­stü­ckes. Es war an einem Sonn­tag­nach­mit­tag Anfang Okto­ber. Und das The­ma hät­te aktu­el­ler nicht sein kön­nen. Sogar ein star­ker per­sön­li­cher Bezug war spür­bar, doch dazu spä­ter mehr. Das Ora­to­ri­um „War Requi­em“ von Ben­ja­min Brit­ten stand auf dem Spiel­plan. Gleich vor­weg: Schon die Anord­nung der Sit­ze bezie­hungs­wei­se das „Büh­nen­bild“ war außer­ge­wöhn­lich. Ganz hin­ten auf der Büh­ne, das Orches­ter. Und die Sän­ge­rIn­nen-Schau­spie­le­rIn­nen, die mit­ten durchs Publi­kum zogen. Ein Teil des Publi­kums seit­lich auf der Büh­ne, 90 Grad von den Par­kett­plät­zen und eben­so 90 Grad vom Orches­ter. Zu Beginn: Ein Mas­ken­ball, so schien es. Von anno dazu­mal. Die ver­klei­de­ten Ball­gäs­te zie­hen ein, durch die Rei­hen des Publi­kums am Par­kett hin­durch. Und wer­den dabei gefilmt und foto­gra­fiert, als wäre es der Opern­ball. Die vie­len Lein­wän­de run­den den Ein­druck eines ein­zig­ar­ti­gen Mul­ti­me­dia­spek­ta­kels, wie es in der Oper nicht all­zu oft auf­ge­führt wird, ab. Alles sozu­sa­gen Büh­ne. Das The­ma, ein sehr erns­tes. Und die Per­for­mance umso außer­ge­wöhn­li­cher. Das Stück, ange­legt als ein Toten­ge­den­ken der im Krieg Gefal­le­nen, sozu­sa­gen ein Mili­tär­fried­hof und zivi­ler Fried­hof, musi­ka­lisch wie per­for­ma­tiv. Hat­te von allem ein biss­chen was. Immer wie­der hei­te­re Klän­ge, Jubel, Tru­bel, Hei­ter­keit, als wäre man am Opern­ball. Dazwi­schen: Spuk, Gewalt, Schüs­se, Tod. Das Spiel mit dem Kon­trast zwi­schen Him­mel und Höl­le. Wie jetzt in der Ukrai­ne. Natür­lich auch Ele­men­te reli­giö­ser Natur: Obwohl die Spra­che Eng­lisch, viel Latei­ni­sches, zumeist im sakra­len Kon­text. Ein Sarg, wie mir zuletzt nur all­zu bekannt — nicht nur von der Jahr­hun­dert­bei­set­zung der Queen, son­dern auch von der Trau­er­fei­er mei­ner mit nur 36 Jah­ren plötz­lich und uner­war­tet ver­stor­be­nen Schul­kol­le­gin. Der Mix aus die­sen unter­schied­li­chen Ele­men­ten, gar­niert mit von der Gale­rie ent­roll­ten Trans­pa­ren­ten wie es bei den Natio­nal­rats­sit­zun­gen immer wie­der pas­siert („Die gan­ze Oper ist Büh­ne“) und Mul­ti­me­dia, wie den zahl­rei­chen Bildschirmen/Leinwänden/Flatscreens, Foto­gra­fen und Kame­ra­män­nern. Macht die­ses Stück — trotz der Ernst­haf­tig­keit des The­mas Tod – zu einem ein­zig­ar­ti­gen Erleb­nis. Das es in einer sol­chen Form nicht all­zu oft im Gra­zer Opern­haus zu erle­ben gibt. Nicht mal auf der im kom­men­den Jän­ner hof­fent­lich nicht zum drit­ten Mal in Fol­ge wie­der abge­sag­ten Gra­zer Opern­re­dou­te am sel­ben Ort.


War Requi­em

Ben­ja­min Brit­ten

Tex­te nach der Mis­sa pro Defunc­tis und Gedich­ten von Wil­fred Owen, op. 66
In eng­li­scher und latei­ni­scher Spra­che mit deut­schen Über­ti­teln

 

Emp­foh­len ab 15 Jah­ren

 

 

Am Abend des 14. Novem­bers 1940 fie­len Tau­sen­de glü­hen­de Feu­er­bäl­le der deut­schen Luft­waf­fe vom Him­mel und zer­stör­ten die Stadt Coven­try, nah­men hun­der­ten Men­schen das Leben. Vie­le Jah­re spä­ter ent­schied man sich, die Rui­nen der Kathe­dra­le als Mahn­mal zu erhal­ten und einen neu­en Kir­chen­bau dar­an anzu­schlie­ßen, um dem Wunsch der Zeit nach Erin­ne­rung und Ver­söh­nung Aus­druck zu ver­lei­hen.
Der eng­li­sche Kom­po­nist und Pazi­fist Ben­ja­min Brit­ten erhielt den Auf­trag, ein Werk zur Ein­wei­hung der neu­en Kathe­dra­le von Coven­try zu schrei­ben, wel­ches mit sei­nem Sym­pho­nie- und Kam­mer­or­ches­ter, Kna­ben­chor, gemisch­tem Chor, Sopran, Tenor und Bari­ton­tief bewegt, mit­reißt, Brü­cken über Unvor­stell­ba­rem baut, und über das Brit­ten resü­miert: „Die­ses Requi­em ist viel­leicht das wich­tigs­te Werk, das ich jemals geschrie­ben habe.“ Kon­ge­ni­al lässt er die Tra­di­tio­nen der Toten­mes­se auf die schmerz­vol­len, hoff­nungs­su­chen­den Wor­te des Lyri­kers und Sol­da­ten Wil­fred Owen tref­fen, ein Appell der Ver­söh­nung.
Loren­zo Fio­ro­ni, der Regis­seur der gefei­er­ten und preis­ge­krön­ten „Grie­chi­schen Pas­si­on“ und des Opern-Dop­pel­abends „Caval­le­ria rusti­ca­na“ & „Pagli­ac­ci“, kehrt für die­ses Schlüs­sel­werk des 20. Jahr­hun­derts zurück nach Graz, greift die Erin­ne­rung der Zer­stö­rung, die Hoff­nung auf ein fried­li­ches Mor­gen auf und ver­wan­delt das Opern­haus selbst in einen Ort jen­seits des Gewohn­ten. Zwi­schen den Orches­tern und Natio­nen ent­steht dabei ein packen­der Dia­log der Emo­tio­nen und Ängs­te, der unter der musi­ka­li­schen Lei­tung des Chef­di­ri­gen­ten Roland Klut­tig steht. Dabei bricht immer wie­der die Stim­me des Sol­da­ten Wil­fred Owen durch, die uns zuruft: „Was für Toten­glo­cken läu­ten denen, die wie Vieh ster­ben? / Nur die unge­heu­re Wut der Geschüt­ze / Nur das schar­fe Knat­tern der rat­tern­den Geweh­re / Kann ihre has­ti­gen Gebe­te her­nie­der­pras­seln …“
Er starb mit 25 Jah­ren, vier Tage vor dem Ende des Ers­ten Welt­krie­ges.

 

 

Nicht nur live, son­dern mit­ten­drin: Sitz­platz­si­tua­ti­on

In Loren­zo Fio­ro­nis Insze­nie­rung erwar­tet das Publi­kum nicht nur ein außer­ge­wöhn­li­ches Büh­nen­bild, son­dern auch eine teils ver­än­der­te Sitz­platz­si­tua­ti­on, die das Live-Erleb­nis noch unmit­tel­ba­rer gestal­tet. Neben den gewohn­ten Plät­zen im Zuschau­er­raum der Oper Graz bie­tet sich auch die Mög­lich­keit, Tickets für Plät­ze auf der Büh­ne zu erwer­ben. Mit­ten im Gesche­hen sit­zend, lässt sich die­ses Aus­nah­me­werk, inter­pre­tiert von zwei Orches­tern, drei Solist:innen und meh­re­ren Chö­ren, aus gänz­lich neu­en Blick­win­keln wahr­neh­men.

 

Auf­grund der beson­de­ren Büh­nen­ar­chi­tek­tur sind die Über­ti­tel vom Podi­um aus nicht ein­seh­bar. Wir bit­ten um Ihr Ver­ständ­nis!

 

Um „War Requi­em“ aus bei­den Per­spek­ti­ven – klas­sisch aus dem Zuschau­er­raum oder mit­ten­drin auf der Büh­ne sit­zend – erle­ben zu kön­nen, haben wir ein beson­de­res Ange­bot für unser Publi­kum: Gegen den Vor­weis des Tickets für Ihren ers­ten Besuch von „War Requi­em“ erhal­ten Sie ein Ticket für den zwei­ten Besuch um den hal­ben Preis. Erhält­lich im Ticket­zen­trum am Kai­ser-Josef-Platz 10, 8010 Graz.

 

Erle­ben Sie die­sen ein­drucks­vol­len Abend und las­sen Sie die Per­spek­ti­ven auf sich wir­ken.

 

 

Beset­zung

Musi­ka­li­sche Lei­tung Roland Klut­tig (Okt: 2, 5, 7, 12) /Nico­las Ellis

Diri­gat Kam­mer­or­ches­ter Johan­nes Braun

Chor & Extra­chor Bern­hard Schnei­der

Sing­schul’ Andrea Four­nier

Insze­nie­rung Loren­zo Fio­ro­ni

Cho­reo­gra­phie Bea­te Vollack

Büh­ne Sebas­ti­an Hannak

Kos­tü­me Annet­te Braun

Licht Sebas­ti­an Alphons

Video Chris­ti­an Wei­ßen­ber­ger

Dra­ma­tur­gie Mar­le­ne Hahn/Bernd Krispin

Sopran Flu­ri­na Stucki

Tenor Mat­thi­as Kozio­row­ski (Okt: 2, 12, 22, Nov: 4) / Mario Ler­chen­ber­ger (Okt: 5, 7, Nov: 6, 20)

Bari­ton Mar­kus But­ter

 

 

Mi 5. Okt 2022

Vor­stel­lung

20:00 bis ca. 21:45, Opern­haus Haupt­büh­ne

Kos­ten­lo­se Stück­ein­füh­rung jeweils 30 Minu­ten vor Beginn im Gale­rie­foy­er.

€ 5 bis € 69 > TICKETS KAUFEN

Fr 7. Okt 2022 > TICKETS KAUFEN

Mi 12. Okt 2022 > TICKETS KAUFEN

Sa 22. Okt 2022 > TICKETS KAUFEN

Fr 4. Nov 2022 > TICKETS KAUFEN

So 6. Nov 2022 > TICKETS KAUFEN

So 20. Nov 2022 > TICKETS KAUFEN

 

 

https://oper-graz.buehnen-graz.com/production-details/war-requiem/



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