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Alles neu macht der Okto­ber — Drei­facher­öff­nung im neu­en Graz­Mu­se­um


Text: Lukas Wogrol­ly, Fotos: Graz­Mu­se­um (8), Samm­lung der Stadt Graz (1), Stei­er­mär­ki­sches Lan­des­ar­chiv Graz (1), David Kran­zel­bin­der (1)
Finanz- und Kul­tur­stadt­rat Gün­ter Rieg­ler (ÖVP) eröff­ne­te am 02.10.2019 das neu reno­vier­te Graz­Mu­se­um in der Sack­stra­ße. Anläss­lich des Ope­nings gab es auch gleich zwei Ver­nis­sa­gen.

Es ist ein küh­ler Okto­ber­tag. Einer der ers­ten wirk­lich fri­schen, den ich nach dem Som­mer am Abend erle­be in Graz. An die­sem Abend steht eine Drei­facher­öff­nung ins Haus. Der zwei­te Stock des Graz­Mu­se­ums in der Sack­stra­ße im Her­zen der Alt­stadt ist gestopft voll. An bekann­ten Per­sön­lich­kei­ten ent­de­cke ich den Chef­re­dak­teur eines ande­ren Kul­tur­ma­ga­zins, Bernd Pürcher von der Opern­re­dou­te bzw. von art+event, spä­ter auch Gre­gor Zaki von Hol­ding Graz Bestat­tung. Dazu Rez­ka Kan­zi­an, zwei­spra­chig deutsch-slo­we­nisch, aus Kärn­ten, vom Werk­raum Thea­ter. Und natür­lich auch Poli­ti­ke­rIn­nen. Von der KPÖ, der zweit­stärks­ten Kraft in Graz, Horst Alic. Von der Par­tei mit den höchs­ten Zuge­win­nen am letz­ten Sonn­tag, den Grü­nen, His­to­ri­ker David Krie­ber­negg sowie die jeweils wich­tigs­te Frau in Stadt und Land, Stadt­rä­tin Judith Schwent­ner bezie­hungs­wei­se Land­tags­wahl-Spit­zen­kan­di­da­tin San­dra Kraut­waschl. Und natür­lich, von der stim­men­stärks­ten Par­tei am ver­gan­ge­nen Sonn­tag, der ÖVP, Gemein­de­rat Peter Piffl-Per­ce­vic sowie Stadt­rat Gün­ter Rieg­ler.
Der Finanz- und zugleich Kul­tur­stadt­rat ist es auch, der sogleich die Drei­facher­öff­nung vor­nimmt:
1. Das Graz­Mu­se­um selbst wird nach län­ge­rer Umbau­pha­se kom­plett neu eröff­net.
2. Ver­nis­sa­ge von “Brü­cken Bäder Bou­le­vards – Erin­ne­run­gen an das alte Graz”
3. Ver­nis­sa­ge von “Šta­jer-mark — Post­kar­ten der his­to­ri­schen Unter­stei­er­mark / Raz­g­led­nice zgo­do­vins­ke Spodnje Šta­jer­s­ke 1890–1920”.
Zum Umbau ist zu sagen, dass nun alles kli­ma­ti­siert ist. Und Stadt­rat Rieg­ler meint, man wür­de das erst im Som­mer spü­ren. In Wahr­heit ist bereits jetzt in den Neben­räu­men, die die Aus­stel­lung „Brü­cken Bäder Bou­le­vards“ beher­ber­gen, die Kli­ma­an­la­ge ein­ge­schal­tet. Und somit unmit­tel­bar nach den eröff­nen­den Wor­ten spür­bar.
Denn kaum ist die Eröff­nungs­ze­re­mo­nie been­de­te, geht es für mich auch gleich in den angren­zen­den Raum.
Es ist einer der drei Aus­stel­lungs­räu­me von „Brü­cken Bäder Bou­le­vards“. Prin­zi­pi­ell ist zu sagen, dass die groß­räu­mi­ge Unter­tei­lung — 1 Raum für jedes B — sehr gut gelun­gen ist. Die enge­re Unter­tei­lung hin­ge­gen nicht ganz so. Denn die Bil­der und ande­ren Expo­na­te — zum Teil auch Vide­os — sind hier nicht streng chro­no­lo­gisch, son­dern etwas will­kür­lich ange­ord­net. Die jeweils ein ein­zi­ges Ele­ment, z. B. das Margaret(h)enbad oder den Haupt­platz beschrei­ben­den Stü­cke sind zwar neben­ein­an­der, den­noch wirkt die Ein­tei­lung ein biss­chen sys­tem­los und hane­bü­chen. Doch wor­um geht es in „Brü­cken Bäder Bou­le­vards“? — Gemäß der Mis­si­on des Graz­Mu­se­ums ein Muse­um der Stadt zu sein — daher rührt auch der frü­he­re Name Stadt­mu­se­um — geht es um Geschich­te. Also um his­to­ri­sche Auf­nah­men der Stadt Graz. Bei „Brü­cken Bäder Bou­le­vards“ umfas­sen die­se den Zeit­raum 19. Jahr­hun­dert bis Zwei­ter Welt­krieg. Neben Fotos von vie­len Guss­ei­sen­brü­cken und Per­so­nen mit his­to­ri­schen Gewän­dern ste­chen auch die Zeit­zeu­gen­vi­de­os, z. B. über das Mar­ga­re­ten­bad, und die his­to­ri­schen Stadt­an­sich­ten her­vor. Dem Bau des Rat­hau­ses ist ein eige­ner Bereich bei Bou­le­vards gewid­met. Eben­so dem heu­ti­gen Süd­ti­ro­ler Platz bzw. des­sen Vor­gän­ger für den einst Häu­ser abge­ris­sen wer­den muss­ten und der Vor­gän­ge­rin der Kep­ler­brü­cke. Ein paar wei­te­re Din­ge sind noch bemer­kens­wert. Bei Bädern wird laut Text an einer Wand her­vor­ge­ho­ben, dass hier die Stan­des­un­ter­schie­de auf­ge­ho­ben wor­den sei­en. Den­noch sei Mit­te des 19. Jahr­hun­derts die Bade­lust noch getrübt gewe­sen durch 1. stren­ge Über­wa­chung 2. Geschlech­ter­tren­nung 3. Die nied­ri­gen Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren (etwa 17°C). Im Video über das Mar­ga­re­ten­bad um 1900 – damals war das soeben Genann­te offen­bar schon über­wun­den — hat man fast das Gefühl, es sei heu­te nicht viel anders, außer dass es Sprung­bret­ter gibt. Zu den Brü­cken ist zu sagen, dass sie gera­de dadurch, dass Graz durch die Mur in zwei fast gleich gro­ße aber zum Teil völ­lig unter­schied­li­che (reich, wohl­ha­bend am lin­ken Mur­ufer vs. ärmer, bür­ger­lich am rech­ten Mur­ufer) und par­al­lel ent­wi­ckeln­den Hälf­ten geteilt ist, eine beson­de­re Bedeu­tung zukam. Und die Zer­stö­rung einer Brü­cke bedeu­te­te immer auch die Zer­stö­rung der Iden­ti­tät einer Stadt. Und bei den Bou­le­vards, zu denen nicht nur Alleen wie die Erz­her­zog-Johann-Allee, son­dern auch öffent­li­che Plät­ze wie Haupt­platz und Vor­gän­ger des Süd­ti­ro­ler Plat­zes zäh­len, ist zu bemer­ken, dass obgleich als Vor­bild für die Bou­le­vards Städ­te wie Ber­lin oder Wien dien­ten Zeit­zeu­gen­be­rich­te bezeu­gen, dass Graz anders war und auf den Bou­le­vards kei­ne Hek­tik zu sehen war.
Kom­men wir nun zu 2. Aus­stel­lung, Šta­jer-mark. Auch sie ist eng mit der Geschich­te von Graz ver­knüpft. Denn wie auch heu­te noch Graz als Haupt­stadt der Stei­er­mark Anzie­hungs­punkt für Men­schen aus Ober- und Mit­tel­stei­er­mark ist, so war Graz das zu k.u.k.-Zeiten auch für die Men­schen der damals noch zu Öster­reich gehö­ren­den Unter­stei­er­mark, einem Teil des heu­ti­gen Slo­we­ni­en. Als zen­tra­les Medi­um die­ser Aus­stel­lung wird die Post­kar­te genannt. Ihr kam vor Erfin­dung des Tele­fons eine zen­tra­le, völ­ker­ver­bin­den­de Funk­ti­on zu. Ob Geschäfts­rei­se oder Urlaub, Post­kar­ten spie­gel­ten im 19. Jahr­hun­dert und bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts einen beson­de­ren Aspekt von Orten der k.u.k.- Mon­ar­chie wider den man so auf Land­kar­ten nicht fand und waren bei allen Bevöl­ke­rungs­schich­ten beliebt. Ein Ele­ment der Aus­stel­lung sind unzäh­li­ge Post­kar­ten aus der Šta­jer­s­ka, also der Unter­stei­er­mark. Teils deutsch, teils slo­we­nisch. Lei­der sind sie nicht so gut les­bar und die les­ba­re Ver­si­on ist nicht unmit­tel­bar dane­ben. Das ein klei­nes Man­ko die­ser sehr inter­es­san­ten Aus­stel­lung. Wei­ters zeigt sich in ihr die zunächst bestehen­de Koexis­tenz bei­der Spra­chen sowie die Domi­nanz des Slo­we­ni­schen nach dem Ers­ten Welt­krieg und die Domi­nanz des Deut­schen unter dem Natio­nal­so­zia­lis­mus. In bei­den Fäl­len wur­den die Orts­na­men in der jeweils ande­ren Spra­che ent­spre­chend durch­ge­stri­chen was als Zei­chen der Gering­schät­zung galt oder bei Post­stem­peln aus­ra­diert.
Zwei sehr inter­es­san­te Aus­stel­lun­gen die unter­schied­li­chen Aspek­te der Geschich­te die­ser Stadt auf viel­fäl­ti­ge Art und Wei­se beleuch­ten. Bei­de Aus­stel­lun­gen bekom­men von mir die Schul­no­te 2.

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